Johann Wolfgang von Goethe
Goethe wurde am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren.
Zusammen mit seiner Schwester Cornelia Friederike erhielt er teils vom Vater Privatunterricht in den damals üblichen Fächern, vor allem in Sprachen.
1765 ging er zum Jurastudium nach Leipzig. Mehr als für sein eigentliches Studienfach interessierte er sich aber für die schönen Künste, so besuchte er Poetikvorlesungen bei Christian Fürchtegott Gellert und nahm Zeichenunterricht bei Adam Friedrich Oeser.
Im August 1768 zwang ihn ein Blutsturz nach Frankfurt zurückzukehren. Dort blieb er während seiner Genesung, bis er 1770 nach Straßburg ging, um dort endlich seine Studien abzuschließen.
In Straßburg schloss Goethe Freundschaft mit Johann Gottfried Herder, der ihn mit anderen jungen Schriftstellern bekannt machte, die sich bewusst von den Regeln und Formen der hergebrachten Poesie distanzierten. Statt dessen betonten sie die schöpferische Freiheit des Dichters und stellten den Gefühlsausdruck in den Mittelpunkt, was ihrer literarischen Strömung die Bezeichnung "Sturm und Drang“ eintrug.
In den Gedichten, die der Straßburger Student Goethe für die Pfarrerstochter Friederike Brion aus Sesenheim schrieb, lassen sich diese neuen Einflüsse schon finden, deutlicher aber wird die Genie-Begeisterung im ersten erfolgreichen Drama Goethes, "Götz von Berlichingen“.
Während seines Referendariats am Reichskammergericht in Wetzlar 1772 verliebte sich Goethe in Charlotte Buff, die aber schon mit seinem Freund Johann Christian Kestner verlobt war. Als Goethe die Geschichte vom Selbstmord des Gesandtschaftssekretärs Karl Wilhelm Jerusalem bekannt wurde, verflocht er Elemente aus dessen Biographie mit seiner eigenen unglücklichen Liebeserfahrung und brachte dies alles innerhalb weniger Wochen in die Form eines Briefromans: "Die Leiden des jungen Werthers“. Das Buch wurde ein bis dato nie dagewesener Erfolg und erlangte einen regelrechten Kultstatus.
1775 wurde Goethe vom Herzog Carl-August nach Weimar berufen. Dort war er vorrangig administrativ tätig. Als Jurist erhielt er Sitz und Stimme im Geheimen Rat des Herzogs und wurde 1782 von diesem geadelt. Während der nächsten Jahre bleib Goethe weiterhin als Dichter aktiv, schon weil er die Feste des Hofes entsprechend mitzugestalten hatte, jedoch standen andere Aufgaben im Vordergrund. So leitete er z. B. die Bergwerkskommission.
Privat wurde die Zeit geprägt durch die intime Beziehung zu Charlotte von Stein, einer einflussreichen, mit Gottlob Friedrich von Stein verheirateten Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia, die Goethe ebenfalls in ihren engeren Zirkel aufnahm. Besonders der vertraute Umgang mit Charlotte von Stein wirkte inspirierend auf Goethe. Von ihr erhielt er kreative Impulse und ihr widmete er manchen Text, vor allem lyrische Gedichte.
Nikolaj Gogol
Der russische Schriftsteller Nikolaj Wassiljewitsch Gogol wurde am 1. 4. 1809 in Bolschije Sorotschinzy (Gebiet Poltawa) geboren und starb am 4. 3. 1852 in Moskau. Er war der Sohn eines ukrainischen Gutsbesitzers und Gelegenheitsautors von Schwänken. Seit 1828 in Sankt Petersburg lebend, versuchte er erfolglos, an der Universität einen Lehrstuhl zu erhalten.
Gogols schriftstellerische Tätigkeit begann mit dem anonym veröffentlichten »Hans Küchelgarten« (1829). Erste Erfolge hatte er mit den teils heiteren, teils dämonischen folkloristischen Erzählungen »Abende auf dem Vorwerk bei Dikanka« (1831/1832). Drei Jahre später erschien eine weitere Sammlung ukrainischer Dorfgeschichten, »Mirgorod« (1835), die unter anderem die historische Novelle »Taras Bulba« über die Kämpfe der Kosaken gegen die Polen im 17. Jahrhundert enthält. Sie leitet zu den schon fast surrealistischen »Petersburger Novellen« über, die vor dem Hintergrund der Großstadt gesellschaftlicher Missstände und menschliches Fehlverhalten zeigen: »Das Porträt«, »Der Nevski Prospekt«, »Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen«; alle in der Sammlung »Arabesken«, 1835) sowie »Die Nase« (1836).
Wichtig für die Entwicklung der russischen Literatur wurde Gogols Novelle »Der Mantel« (1842), die vielfach soziologisch, formalistisch, religiös und psychoanalytisch gedeutet wurde und wird. Die wohl bedeutendste Komödie Gogols, »Der Revisor« (1836), übersteigert die Charaktere der Personen ins Groteske. Mit dem »Revisor« feierte Gogol großen Erfolg. Dennoch fühlte er sich zeitlebens missverstanden und ging deswegen 1836 ins Ausland, wo er, mit nur kurzen Unterbrechungen, bis 1848 blieb.
Auch sein großer Roman »Die toten Seelen« (1842) der, als Teil einer großen Triologie geplant, letztlich unvollendet blieb (den zweiten Teil der Trilogie verbrannte er gar) war ein groteskes Porträt in Unmenschlichkeit und Skurrilität erstarrter Gutsbesitzer. Es wurde wiederum als rein zeitkritisch missverstanden.
Tief religiös geriet Gogol unter den Einfluss eines Priesters, der seine Werke als verderbt ansah. Möglicherweise verbrannte er deswegen in einem wahnhaften Anfall das Manuskript des zweiten Teils der „Toten Seelen“. Zuletzt ging Gogol zu direkter Predigt christlicher Ideale über (»Ausgewählte Stellen aus dem Briefwechsel mit Freunden«; 1847). Die religiöse Psychose zerstörte Gogol zunehmend. Schließlich starb er 1852 an den Folgen strengen religiösen Fastens im Alter von 42 Jahren.
Wie kaum ein anderer Schriftsteller zeigt Gogol den Widerspruch zwischen Schein und Sein und die Flucht aus der quälenden Wirklichkeit in die fixe Idee auf. Entsprechend neigt er zu Übersteigerung und drastischen Kontrasten, lässt Pathos in Banalität umschlagen und eine Fülle realistischer Details ins Fantastische und Groteske wuchern. So bleibt uns Gogol als großer Humorist in Erinnerung, dessen Humor sich umso mehr verdüsterte, je mehr er moralisch aufrütteln wollte.
Nikolaj Gogol im HörGut! Verlag: